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An einem der vielen wichtigen Orte

den auch die Kinder mit der Schule an sonnigen Tagen aufsuchen, suchte ich Abstand zum Alltag. Es war ein super Tag, Besucher sind in allen Richtungen herumgelaufen, grelles Licht hat ihre dunklen Schatten auf alte Steine geworfen. Plötzlich waren die Zusammenhänge rund um diesen Ort nicht mehr klar. Junge Leute waren ganz seltsam gekleidet, wie in einem Historien-Schauspiel. Touristen wurden ungewollt in die Szenerie involviert und erschienen mir wie historische Figuren. Eine Gruppe von Personen mit Helmen, in Neonwesten gekleidet, hat sich unter die Männer mit schwarzem Umhang und Dreiecks-Mütze gemischt.

Ich bin vor Neugierde fast geplatzt und habe im Schatten Sitzende gefragt:

„worum handelt es sich denn eigentlich?“

„es handelt sich um gar nichts.“

Das war die Antwort.

Die Zeit kann man nicht aufhalten.

Ich saß wie angeklebt am Bettrand. Es war wohltuend, mit der Kaffeetasse in der Hand, so zu verweilen. Ein letzter Kaffee mit Ihr in diesem Leben. Das wussten wir beide und wir waren so ruhig, als hätten wir alle Zeit dieser Welt.

Um uns herum steigerte sich die Hektik. Wie in all den Jahren zuvor war sie vernünftig und sagte: „Geh schon, sonst verpasst du den Zug“. Mein Gepäck war schon im Auto. Ich sah noch einmal zurück – sie saß noch immer auf Ihren Bett. „Also bis dann“. Sie hob ihre Hand und winkte mir zu, wie immer.

Er hatte mich immer mitgenommen wenn in der Stadt etwas los war.

Nur bei nächtlicher Ausgangssperre und solange ich ein kleines Kind war, hat meine Mutter das nicht erlaubt. Er ist dann immer mit glühenden Augen von der Politechnik nach Hause gekommen

Jetzt hatte er mich auf diesen Platz geführt. Ich verlor die Orientierung, beobachtete neugierig das Geschehen und versuchte herauszufinden worum ging.

Soll ich mich der einen oder der anderen Gruppe anschließen? Es ist eine komplizierte Geschichte, die unterschiedlichen Blickwinkel und Betrachtungsweisen sind spannend. Auch mein Vater hätte die beiden Möglichkeiten sich einer der beiden Gruppen anzuschließen. Ich kann nicht entscheiden, welche Seite für mich die richtige ist. Wir müssen morgen wieder hierher kommen.

Es war sehr kalt

Ich musste Fäustlinge anziehen. Er ist abgebogen und ich konnte nur mehr seine Stimme hören.

„Folge mir, verliere mich nicht, bleib dicht dran. Ich kenne den Weg. Du musst mir SOFORT nachfahren!“

Doch ich konnte mich dem Anblick nicht entziehen. Ich stand da und beobachtete, wie der Wind das blassblaue Plastikleinen auf den Liegestühlen berührte. Einige haben ordentliche Bäuche bekommen, die anderen standen da, mager, einladend und bittend: „setz Dich.” Ich dachte es wären Segel, und die Windböen würden sie vom Berg blasen.

In meinem Ohr noch die Stimmen von gestern – alles voll, kein freier Platz für mich – rundherum Blicke hinter schmalen, dunklen coolen Sportbrillen.

Allmählich begann es zu dämmern, der Nebel wurde dichter. Ich wusste in welche Richtung ich fahren sollte, ich hatte bloß Angst abzustürzen und habe nichts gesehen.

Jeden Nachmittag bildeten sie kleine Gruppen

Sehr oft musste ich zwischen diesen durchgehen. Jedes mal fühlte ich mich beobachtet. An sonnigen Tagen standen alte und junge Männer sogar in vier Gruppen eng im Kreis. Auf den Hemden und Sakkos ließ das, durch das Laub der Bäume scheinende Licht der Sonne, wunderbare Mosaike entstehen. Sie standen und richteten ihren Blick konzentriert nach unten. Die Platanen bedeckten die Gruppen mehr und mehr mit grünem Licht. Keinem fiel auf, dass plötzlich eine neugierige blonde Frau unten ihnen stand, die versuchte das Geheimnis zu lüften.

Weil ich mehr sehen wollte, stand ich zwischen den Mädchen auf der Bank. Sie haben mir unaufgefordert Platz gemacht, trotzdem hat mich keine von ihnen wirklich wahrgenommen. Niemand hat etwas gesprochen – wozu auch. Während wir ruhig standen, stieg plötzlich stickiger roter Staub auf. Es war schön dem Wirbel zuzuschauen. Schwarze Augen, scheinbar ohne Pupillen waren in ständiger Bewegung, wie ferngesteuert. Zehn Minuten dauerte es, bis sie einzeln oder zu zweit den Platz verlassen haben.

Ich stieg ins Auto. Die Straße konnte man gerade noch sehen aber die Wohnblocks verbargen sich hinter diesigem hellem Dunst. Die Wolke stand direkt vor uns.

„Siehst du etwas?“

„Wovon redest du. Was meinst du?“

„Was ist da hinten, da draußen?“

„Ich kann nichts sehen. Es ist sehr hell.“

„Es ist sicher das Meer, das weiß ich – ich höre es rauschen. Ich muss unbedingt zum Meer, einmal im Jahr muss das sein. Mich verschlingt diese Helligkeit.“

„Ich sehe kein Meer, ich sehe gar nichts – es ist mir auch egal.“

Ich springe aus dem Auto. Dieses Rauschen – rundum ist es hell, sehr hell. Ich rieche das Meer und meine Haut fühlt sich samtig an. Ich laufe in dem diesigen Licht den Strand entlang, zwischen liegenden und sitzenden Menschen, die ins Nichts schauen. Würde ich dem Licht ganz folgen, würde ich sicher ins Wasser laufen. Es muss ganz nahe sein. Dieses grelle Licht wirkt wie eine warme Wand, die mich davon abhält, durchzulaufen. Niemand überschreitet diese Grenze und taucht in das helle Licht ein. Es ist warm und das Licht ist grell.

Wir kommen endlich am „Ende der Welt“ an.

Von dem Ort, wo ich stehe, ist es ungefähr noch einen halben Meter zum Abgrund. „Klick“ – ein Bild von mir in absolut freiem Zustand. Kein Geländer umzäunt das „Ende“ Europas. Europa ist frei!

Ich starre in die Weite, so wie alle anderen im Kollektiv mit mir. Was für eine Einbildung – jeder starrt und schaut doch alleine und für sich selbst.

Ich blicke ins goldene Nichts. Meine Vorstellung: dort draußen muss Amerika sein. Nein, ich glaube dort liegt Cuba.